Wenn die Zentralbank die Zinsen senkt, belebt das die Investitionen und Arbeitslosigkeit sinkt

Auch wenn wir das immer so sehen wollen. Die meisten Zinsen in unserer Volkswirtschaft werden nicht von der Zentralbank festgelegt, sondern bilden sich nach anderen Kriterien. Zunächst ist festzuhalten, dass Banken nicht nur mit Kunden aus dem Privat- und Firmenbereich Geschäfte tätigen, sondern auch untereinander (im sogenannten Interbankensektor) und mit der Zentralbank. Letzteres ist uns bekannt als der ‚sogenannte Leitzins‘. Nur dieser Zinssatz – zwischen Zentralbank und Geschäftsbank – bildet den Leitzins. Allerdings ist er ein wichtiger Indikator für die übrige Wirtschaft – aber eben nur ein Indikator und keine ‚Anordnung‘. Um zu verstehen wie sich die Zinsen zwischen Bank und Privat- bzw. Geschäftskunden bilden, muss man sich zunächst die Aufgaben bzw. Geschäftsfelder einer Geschäftsbank anschauen und dann die Zinsbildung bei den einzelnen Bankprodukten (standardmäßig) untersuchen und verstehen.

 

Zunächst zu den Aufgaben/Geschäftsfeldern einer Geschäftsbank

 

Dabei wird aus einem Geschäftsfeld (und nur aus EINEM) ein Begriff verwendet, der im allgemeinen Sprachgebrauch AUF ALLE GESCHÄFTSFELDER übertragen wird.

 

Ob dieser Sachverhalt aber tatsächlich so zutrifft sollen die folgenden Überlegungen zeigen bzw. beweisen.

 

Zunächst: Zinsen gibt es auf der Soll- und Habenseite der Bank.

 

Im Privatkundenbereich (einschließlich der öffentlichen und privaten Unternehmen) werden für folgende Standardprodukte folgende Zinsen ermittelt - wie das nachfolgende Schaubild zeigt.

 

 

Die Sollseite von Zinsen sind Kreditzinsen. Kunden zahlen Kreditzinsen für:

 

Die Zinssätze für Kontokorrent- und Ratenkredite legt die Bank in eigener Souveränität selbst fest. Zwar orientiert man sich auch an Wettbewerbern. Aber innerhalb bestimmter Bandbreiten verhalten sich alle Banken gleich. Lediglich bei mittel- und langfristigen Laufzeiten orientieren sich Banken am sog. Kapitalmarkt. Dort bilden sich die Zinsen nach Angebot und Nachfrage (weitgehend) von festverzinslichen Wertpapieren. Gehandelt werden diese Zinsen an den acht Börsenplätzen in Deutschland. Die meisten von uns verbinden mit den Börsenplätzen nur Aktienbörsen. Tatsächlich werden aber an den Börsen auch festverzinsliche Wertpapier – sog. Anleihen – gehandelt und dort bilden sich Zinssätze, die dann auch von den Banken angewandt werden. Zwar werden an den Börsen die Guthabenzinsen für Anleihen ermittelt.

 

Tatsächlich liegen die Kreditzinsen immer genau ca. ein bis eins Komma fünf Prozent über den Anlagezinsen. Von dieser sogenannten Zinsspanne tragen die Banken ihre Sach- und Personalkosten und der Rest bleibt ihr Gewinn. Bei den Guthabenzinsen, die Banken ihren Kunden vergüten, kann man ebenfalls nach den Bankprodukten unterscheiden. So wird die Vergütung von Giroguthaben und Sparguthaben ebenfalls wieder autonom von der Bank selbst festgelegt (Natürlich unter Berücksichtigung des Wettbewerbs. Aber da wird keine Bank ausscheren.) Bei Festgeldern und Tagesgeldern orientieren sich die Banken wieder am Kapitalmarkt. Und für ihre eigenen Schuld-verschreibungen und andere emittierte Wertpapiere orientieren sich die Banken ebenfalls vollständig am Kapitalmarkt. Diese Abhängigkeit dokumentiert die nachfolgende Graphik sehr eindrucksvoll.

 

 

Kein (direkter) Einfluss also der Zentralbank auf die Zinsen der Banken mit ihren Geschäfts- und Privatkunden. Aber: Sobald die Zentralbank ihren Zinssatz im Verhältnis zu den Geschäftsbanken ändert, kommunizieren die Banken es so, als würden sich ihre Zinsen zu den Kunden ändern. Allerdings mit einem kleinen – aber gravierenden Unterschied. Werden die Zinsen erhöht, ziehen die Banken sofort mit ihren Kreditzinsen nach. Die Guthabenzinsen werden erst Wochen- oder Monate später angepasst. Wenn überhaupt. Umgekehrt senkt die Zentralbank die Zinsen, dann werden dieGuthabenzinsen sofort angepasst. Kreditzinsen erst viel später. Natürlich wird man so etwas von Bankvorständen nicht öffentlich hören. Und es gibt noch ein Argument, das diese ‚vielgeglaubte‘ Aussage als ziemlich absurd erscheinen lässt. Von welchen Kriterien hängen Investitionen in einem Unternehmen eigentlich ab? Von den zu erwartenden zusätzlichen Gewinn- und Markt-Chancen? Der Höhe des aktuellen Zinsniveaus? Oder von beiden?

 

Zunächst eine (einfache) betriebswirtschaftliche Überlegung. Unternehmen, die markt-wirtschaftlich geführt werden, streben eine angemessene Verzinsung/Rendite ihres eingesetzten Eigenkapitals an. Dabei werden sie zunächst ihre Markt Chancen nutzen – unabhängig von der Höhe des aktuellen Zinsniveaus. Es gibt Grenzfälle, in denen die Höhe der Zinsaufwendungen die Wirtschaftlichkeit fraglich werden lässt. Aber das sind Grenzfälle. Nimmt man einmal nicht steigende Zinsen, sondern den Fall weiter fallender bzw. niedriger Zinsen. Werden Unter-nehmen dann investieren? Wohl kaum! Unternehmen werden immer dann investieren, wenn sich die Marktaussichten lohnen und nicht, wenn die Zinsen niedrig sind. Der ehemalige Finanzminister Karl Schiller sagte einmal: „Die Pferde können zwar zur Tränke geführt werden – aber saufen müssen sie schon selbst“ Übersetzt heißt das: „Die Bank kann zwar die Zinsen senken – aber investieren müssen die Unternehmen allein“.